Die Wahl des richtigen Gebisses ist entscheidend für das Wohlbefinden deines Pferdes und beeinflusst maßgeblich die Kommunikation zwischen Pferd und Reiter. Ein unpassendes Gebiss kann zu Unbehagen, Verspannungen und sogar Verletzungen im Maul deines Pferdes führen. Es gibt verschiedene Arten von Gebissen, die sich in Form, Material und Wirkungsweise unterscheiden und für unterschiedliche Pferde und Einsatzbereiche geeignet sind. Deshalb ist es wichtig, das Gebiss sorgfältig auszuwählen, um eine gute Verständigung und ein angenehmes Miteinander beim Reiten zu ermöglichen.
Die gängigsten Mundstücke im Überblick
Die Auswahl des passenden Mundstücks ist ein wesentlicher Aspekt bei der Entscheidung für ein Gebiss. Um herauszufinden, welches Mundstück am besten zu dir und deinem Pferd passt, solltest du verschiedene Varianten testen und dabei beobachten, wie dein Pferd auf die jeweilige Ausführung reagiert. Ein längerer Testzeitraum hilft dir, eine Entscheidung zu treffen.
Einfach gebrochenes Gebiss

Dieses Mundstück besteht aus zwei Teilen, die in der Mitte verbunden sind und bildet beim Zug auf die Zügel einen Winkel im Maul des Pferdes. Das einfach gebrochene Gebiss wirkt sowohl auf die Zunge als auch auf die Laden. Durch die Beweglichkeit der beiden Teile kann der Reiter sehr gezielt einwirken, besonders auf einer Seite. Es ermöglicht dem Pferd, das Gebiss im Maul leicht zu bewegen und der Zunge etwas Platz zu verschaffen. Allerdings kann ein zu dickes oder zu großes einfach gebrochenes Gebiss unangenehm für das Pferd sein und den Druck verstärken.
Doppelt gebrochenes Gebiss

Dieses Mundstück besteht aus drei Teilen, wobei das mittlere Stück meist etwas abgeflacht oder olivenförmig ist. Dadurch liegt das Gebiss ruhiger und gleichmäßiger im Pferdemaul und verteilt den Druck sanfter auf Zunge und Laden. Die Wirkweise ist insgesamt milder als beim einfach gebrochenen Gebiss. Allerdings kann bei starker Zügeleinwirkung die Zunge stärker eingequetscht werden.
Stangengebiss

Ein Stangengebiss besteht aus einem durchgehenden, nicht beweglichen Mundstück. Es wirkt gleichzeitig auf beide Seiten des Mauls und auf die Zunge. Einzelne, gezielte Einwirkungen auf eine Seite sind hier nicht möglich – die Wirkung erfolgt immer gleichmäßig. Das Stangengebiss liegt sehr ruhig im Maul und wird oft bei erfahrenen Pferden oder im höheren Ausbildungsstand eingesetzt.
Sweet Iron Gebiss

Sweet Iron bezeichnet kein eigenes Gebissmodell, sondern das Material, aus dem das Mundstück gefertigt ist. Es handelt sich um einen speziellen Stahl, der mit der Zeit oberflächlich oxidiert und dabei einen süßlichen Geschmack entwickelt. Das kann die Kautätigkeit und die Speichelbildung beim Pferd anregen und dadurch die Akzeptanz des Gebisses verbessern. Sweet Iron gibt es sowohl bei einfach als auch bei doppelt gebrochenen oder Stangengebissen.
Zungenfreiheit
Die Zungenfreiheit beim Gebiss für das Pferd bezeichnet eine Aussparung oder Wölbung im Mundstück, die der Zunge mehr Platz bietet. Dies kann den Druck auf die Zunge verringern und ist besonders für Pferde sinnvoll, die empfindlich auf Zungendruck reagieren oder dazu neigen, die Zunge über das Gebiss zu legen. Allerdings mögen nicht alle Pferde diese Form – am besten ist es, individuell auszuprobieren, ob dein Pferd mit Zungenfreiheit besser zurechtkommt.
Verschiedene Ring- und Schenkelvarianten: Wirkung und Einsatzmöglichkeiten
Es gibt zahlreiche Ausführungen von Gebissen mit unterschiedlichen Ring- und Schenkelarten, die jeweils eine eigene Wirkungsweise auf das Pferdemaul haben und unterschiedliche Ziele bei der Hilfengebung verfolgen. Wichtig ist dabei, dass ein Gebiss niemals als Lösung für grundlegende Probleme zwischen Reiter und Pferd angesehen werden sollte. Die Wahl des richtigen Modells sollte immer gemeinsam mit einer ehrlichen Selbstreflexion und idealerweise mit Unterstützung von erfahrenen Trainern oder auch Tierärzten erfolgen.
Ring
Art
Einwirkung

Wassertrense
Gebisse mit beweglichen, durchlaufenden Ringen wie die Wassertrense wirken vor allem auf Zunge und Laden. Die drehbaren Ringe können eine unruhige oder ungeübte Hand des Reiters etwas abmildern.

Olivenkopftrense
Bei der Olivenkopftrense sind die Ringe fest mit dem Mundstück verbunden, wodurch die Zügelhilfen direkter wirken und die seitliche Anlehnung gefördert wird. Für junge Pferde oder Reiter mit unruhiger Hand ist eine Wassertrense geeigneter, da sie sanfter einwirkt.

D-Ring Trense
Auch diese Variante hat feste Ringe, wodurch die Hilfengebung sehr direkt erfolgt. Die größere seitliche Auflage unterstützt das Pferd besonders beim Reiten von Wendungen und gibt zusätzliche Anlehnung.

Schenkeltrense
Diese Gebissform ist mit langen Schenkeln nach oben und unten ausgestattet, die eine sehr präzise seitliche Führung ermöglichen. Die Schenkel helfen, das Gebiss im Maul zu stabilisieren und verhindern, dass es bei einseitiger Zügelhilfe durch das Maul gezogen wird.

Multi-Ring
Das Multi Ring Gebiss ist vielseitig einsetzbar, da es je nach Verschnallung mit oder ohne Hebelwirkung genutzt werden kann. Es kombiniert die Eigenschaften von Wassertrense, Pelham und Aufziehtrense und eignet sich damit für verschiedene Ausbildungsstufen. Besonders bei Pferden, die stark auf der Hand liegen oder sehr vorwärts gehen, kann es hilfreich sein – sollte jedoch stets verantwortungsbewusst eingesetzt werden.

3-Ring
Auch hier lässt sich die Wirkung je nach Verschnallung anpassen. Je nachdem, in welche Ringe Backenstück und Zügel eingeschnallt sind, kann die Einwirkung von mild bis zu einer deutlichen Hebelwirkung auf Zunge, Laden, Genick und Unterkiefer reichen.
Kandaren, Unterlegtrensen und Pelham Gebisse

Kandarengebisse werden vor allem im fortgeschrittenen Reitsport eingesetzt, da sie durch ihre Hebelwirkung eine besonders präzise, aber auch deutlich schärfere Einwirkung ermöglichen. Ihr Gebrauch setzt einen erfahrenen Reiter mit feiner Hand und einen entsprechend ausgebildeten Pferd voraus.
In der Dressur wird die Kandare immer zusammen mit einer dünnen Unterlegtrense verwendet, sodass der Reiter mit vier Zügeln besonders differenzierte Hilfen geben kann.
Das Pelham Gebiss ist eine Sonderform, die Trense und Kandare in einem vereint. Es kann mit einem oder zwei Zügelpaaren geritten werden und bietet Hebelwirkung, ist jedoch vielseitiger einsetzbar. Auch das Pelham sollte nur von geübten Reitern genutzt werden, da es bei falscher Anwendung sehr scharf wirken kann.
Gebissscheiben
Gebissscheiben dienen in erster Linie dem Schutz der empfindlichen Maulwinkel, insbesondere bei Gebissen mit durchlaufenden Ringen wie der Wassertrense. Außerdem sorgen die sie für eine gleichmäßige Druckverteilung. Die weichen, dehnbaren Scheiben aus Gummi oder Gel werden zwischen Gebissring und Maulwinkel gelegt.
Zudem sorgen Gebissscheiben dafür, dass das Gebiss bei einseitigem Zügelzug nicht durch das Maul gezogen werden kann. Sie sind auch hilfreich, wenn ein Gebiss etwas zu groß ist, da sie das Mundstück um etwa 0,5 bis 1 cm „verkürzen“. Trotzdem sollte der Zügelzug stets gefühlvoll erfolgen, damit das Durchziehen des Gebisses gar nicht erst zum Thema wird.
Die richtige Gebissgröße und Passform bestimmen
Die richtige Größe und Passform des Gebisses sind maßgeblich für Komfort und Akzeptanz beim Pferd.

Um die passende Länge zu bestimmen, misst du den Abstand zwischen den Maulwinkeln deines Pferdes.
Gebisse mit beweglichen Seitenteilen: Bei Wassertrensen (Gebisse mit frei beweglichen Ringen) ist es wichtig, dass die Maulwinkel nicht eingeklemmt werden und die Ringe stets frei beweglich bleiben. Laut der Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) in Deutschland darf das Gebiss für das Pferd bei gerader Lage im Maul nicht mehr als 0,5 cm herausragen.
Gebisse mit festen Seitenteilen: Zu diesen Gebissen zählen Olivenkopf-, D-Ring-Gebisse oder Schenkeltrensen. Sie können in der Regel eine halbe bis ganze Nummer kleiner gewählt werden als Wassertrensen.
Kandaren und Unterlegtrensen: Die Kandare sollte eine halbe bis ganze Nummer kleiner gewählt werden als die Unterlegtrense. Die Unterlegtrense sollte etwa die gleiche Größe wie das übliche Arbeitsgebiss haben.
Fazit
Das passende Gebiss für das Pferd zu finden, ist ein wichtiger Schritt für eine vertrauensvolle und harmonische Zusammenarbeit mit deinem Pferd. Nimm dir Zeit, verschiedene Varianten auszuprobieren und beobachte genau, wie dein Pferd darauf reagiert. Es gibt keine „one-size-fits-all“-Lösung – jedes Pferd hat seine eigenen Vorlieben und Bedürfnisse.
Achte darauf, dass das Gebiss gut sitzt, keine Druckstellen verursacht und zur Anatomie deines Pferdes passt. Hilfsmittel wie Gebissscheiben können in bestimmten Fällen sinnvoll sein, sollten aber immer mit Bedacht eingesetzt werden. Spezialgebisse wie Kandaren gehören in erfahrene Hände und setzen eine solide Grundausbildung voraus – sowohl beim Pferd als auch beim Reiter.
Am wichtigsten ist, dass das Gebiss die feine Kommunikation zwischen dir und deinem Pferd unterstützt und nicht stört. Scheue dich nicht, im Zweifel einen erfahrenen Trainer oder Tierarzt um Rat zu fragen. Das Wohl deines Pferdes sollte immer an erster Stelle stehen – dann steht einem guten Miteinander nichts im Weg.





